Kaum zu glauben, dass wir im Juli eine solche Fernsicht geniessen dürfen. Wir sitzen kurzärmlig auf dem Basòdino und bestaunen eine Weitsicht, wie sie normalerweise nur im Herbst und Winter vorhanden ist. Aber heute sehen wir ganz deutlich die Berner und Walliser Alpen und im Osten in weiter Ferne die Disgrazia und die Berninagruppe. Wir können gar nicht alle Gipfel bestimmen, die wir erblicken.
Am Vortag trafen wir in Airolo Martin und fuhren mit dem Postauto nach All’Acqua. Nach der Znünipause stiegen wir nach San Giacomo auf und genossen dabei den Bergfrühling und beobachteten Murmeltiere. Nicht alle liessen sich durch unsere Anwesenheit stören.
Wie auch die Gämsen nicht, welche wir auf unserem Weiterweg zum Passo Grandinagia entdeckten. Nur waren wir im Geröll und Schnee nicht so flink unterwegs wie sie. Auf dem Pass stärkten wir uns mit einem Mittagessen aus dem Rucksack, genossen die Aussicht und die Blumen in dieser sonst kargen Gegend. Auch lauschten wir Ruedis Ausführungen über seine vielen Skitouren, welche er hier bereits gemacht hat.
Der erste Teil des Abstiegs erfolgte Knie schonend im Schnee. Der kurze Gegenaufstieg, die Querung hinüber zum Südgrat der Poncione di Valleggia und der Abstieg zur Staumauer des Lago di Cavagnöö erforderte unsere Aufmerksamkeit. Es waren noch einige Schneefelder vorhanden und die Wegfindung war nicht immer einfach. Statt über die Cresta dell’Arzo, wie geplant, erreichten wir die Capanna Basòdino über die Strasse, denn die Treppe am Ende der Staumauer war noch eingeklappt und wir verzichteten auf eine aufwändige Überwindung dieses Hindernisses.
In der Hütte wurden wir vom Hüttenteam freundlich empfangen und im Laufe des Abends konnten wir den Kalorien- und Flüssigkeitsverlust dieses sechsstündigen Hüttenzustiegs ersetzen. Für die Nacht wurde uns ein eigenes Zimmer zugewiesen und wie mir versichert wurde, waren nur wenige Schnarch Geräusche zu hören.
Bereits um vier Uhr war Tagwache angesagt, danach wurde gemütlich gefrühstückt und um fünf Uhr losgelaufen. Für den Aufstieg wählten wir die vom Hüttenwart Ueli vorgeschlagene Route vorbei am Lago del Zött und südwärts haltend auf den Ghiacciaio del Basòdino. Hier wurden zwei Seilschaften gebildet, um auf dem Gletscher den Ostgrat des Basòdino zu erreichen. Dort entledigten wir uns der Steigeisen und des Seils, einige machten auch ein Rucksackdepot, und stiegen über den Blockgrat zum Gipfelkreuz.
Und nun geniessen wir schon seit einiger Zeit die Rundsicht. Eigentlich ist es schade, wieder abzusteigen, aber der Abstieg ist noch lang und wir verbringen bereits vierzig Minuten auf dem Gipfel. Etwas mehr als einer halbe Stunde später sind wir beim unserem Depot angelangt. Nochmals seilen wir uns an, auch wenn weit und breit keine Spalten zu sehen sind. Nach dem Gletscher suchen wir uns den Weg über die glatt geschliffenen Felsen und die vielen Schneefelder. Hier ist Vorsicht angebracht, bricht man doch teilweise in den weichen Schnee ein.
Die Zeit vergeht im nu und um 13 Uhr müssen wir feststellen, dass wir ohne einen Zwischenspurt das letzte Postauto in All’Acqua kaum mehr erreichen können.
Alle sind einverstanden, statt über die Bocchetta di Val Maggia in Bedrettotal, nach Robièi abzusteigen. Claudine freut sich über die unerwartete Begleitung. Sie wäre so oder so zu ihrem Ferienhaus ins Maggiatal gegangen.
Nochmals statten wir der Capanna Basòdino einen Besuch ab und stärken uns mit Suppe, Gnocchi und Kuchen. Auch gönnen wir unseren Füssen etwas Luft, was für die lange Heimfahrt sicherlich nicht schaden kann. Nach einer letzten Anstrengung können wir in die Luftseilbahn einsteigen, welche uns nach San Carlo im Val Bavona hinunter führt, von wo wir mit Bus und Zug nach Hause finden.
Wir durften ein herrliches Wochenende im Nordtessin verbringen und die Teilnehmer Claudine, Erika, Esther, Ruedi und Marcel (Bericht und Fotos) danken dem Tourenleiter Martin für die Organisation und Führung.